Berichten die Medien nur noch über die COVID-19-Pandemie?

Durch die umfangreiche Berichterstattung über die COVID-19-Pandemie entsteht leicht der Eindruck, dass über nichts anderes mehr berichtet wird. Ich möchte in diesem Beitrag auf Basis von Daten überprüfen, ob dieser subjektive Eindruck der Wirklichkeit entspricht. Ich werde auch einen Blick darauf werfen, wie sich die Berichterstattung über unterschiedliche Themen im Laufe der letzten Monate entwickelt hat. Dabei kommen auch regionale Unterschiede und die Tonalität in der Berichterstattung, also ob mehr positiv oder negativ publiziert wurde, zur Sprache.

Die Daten

Zur Analyse habe ich im Zeitraum von 4.11.2020 bis 2.2.2021 in Summe 148.991 in der österreichischen Presse online publizierte Artikel gesammelt und ausgewertet.

Es wurden Artikel folgender Medien berücksichtigt:

  • ORF – http://orf.at 
  • Tiroler Tageszeitung – http://tt.com 
  • Oberösterreichische Nachrichten – http://nachrichten.at 
  • Niederösterreichische Nachrichten – http://noen.at 
  • Vorarlberg Online – http://vol.at 
  • Österreich – http://oe24.at 
  • Salzburger Nachrichten – http://salzburg.com 
  • Kurier – http://kurier.at 
  • Die Presse – http://diepresse.com 
  • Kronen Zeitung – http://krone.at 
  • Der Standard – http://derstandard.at
  • Heute – http://heute.at 
  • Neues Volksblatt – https://volksblatt.at 
  • Wiener Zeitung – http://wienerzeitung.at

Das ergibt ein fast vollständiges Abbild der österreichischen Medienlandschaft bezüglich täglicher Nachrichten. (Daten der Kleinen Zeitung – http://kleinezeitung.at ) lagen mir leider nicht vor.)


Die Analyse

Von jedem Artikel wurde der Titel, der publizierte Text und der Publisher gemeinsam mit dem Veröffentlichungsdatum gespeichert. Die Anzahl der Artikel in meinem Datensatz verteilt sich folgendermaßen über die Publisher:

In den Beiträgen wurde nach bestimmten Schlagworten gesucht, die mit der Pandemie-Berichterstattung in Zusammenhang stehen. So zum Beispiel die Begriffe „COVID“, „Corona“, aber auch „Kurzarbeit“, „Lockdown“ und „Mutation“. Die Beiträge wurden auch einer computergestützten Sentiment-Analyse (https://de.wikipedia.org/wiki/Sentiment_Detection) unterzogen und vermerkt, ob es ein positiver, neutraler oder negativer Bericht war.

Zu welchem Prozentsatz kommen in den Artikeln die Wörter „Corona“ oder „COVID“ vor?

Betrachtet man den Anteil der Artikel mit mindestens einem der beiden Schlagwörter im Text, jeweils tageweise zusammengefasst und über die Zeitachse aufgetragen, ergibt sich folgendes Bild, wenn man über alle Medien hinweg zusammenfasst:

Im gesamten Zeitraum sind also ca. 30–40 % der Berichte zu diesem Thema. Das bestätigt den Eindruck, dass „nur noch“ über die Pandemie berichtet wird, zwar nicht wörtlich, es ist aber doch ein sehr großer Anteil – und das über den gesamten betrachteten Zeitraum von 3 Monaten fast konstant.


Wie sieht es mit Unterschieden bezüglich Medien aus?

Hier sind schon deutliche Unterschiede zu sehen, so liegt oe24.at fast bei 50 % und das Volksblatt sogar deutlich darüber, Krone und Kurier liegen nur auf 30 % oder darunter.

„Die Pandemie ist zwar nicht das einzige Thema in der Medienberichterstattung, aber mit einem Anteil von 30–40 % am gesamten Medienvolumen doch sehr dominant.“

Prof. (FH) Dr. Andreas Stöckl

HEAD OF CUSTOMER DATA MANAGEMENT

Wie sieht es mit der Präsenz des Themas „Mutationen“ aus?

Dazu betrachten wir die absolute Anzahl der Artikel mit dem Wort „Mutation“ im Text, über die Zeit aufgetragen.

Dieses Thema taucht schlagartig kurz vor Weihnachten in der Berichterstattung auf, nimmt dann für einige Zeit wieder deutlich ab. Ab Mitte Januar nimmt es wieder Fahrt auf – und begleitet uns seither. Betrachtet man die Nennungen in Regionalzeitungen getrennt, so ergibt sich ein differenzierteres Bild.

Zu Weihnachten ist das Thema in den westlichen Zeitungen Tiroler Tageszeitung und Salzburger Nachrichten schon sehr präsent. In Oberösterreich (Nachrichten.at) erst ab Mitte Januar. Hier zeigt sich also ein „West-Ost-Gefälle“.


Wie sieht es mit dem Thema „Lockdown“ aus?

Nachfolgende Abbildung zeigt die absolute Anzahl der Artikel, in denen das Wort „Lockdown“ vorkommt, aufgetrennt nach Quelle.

Es zeigt sich, dass am Tag des ersten Lockdowns auch ein klarer „Peak“ in der Berichterstattung zu sehen ist. Der Lockdown, beginnend nach den Weihnachtsfeiertagen, zeigt keinen deutlichen Ausschlag. Generell ist das Thema aber den ganzen Zeitraum mit einem gewissen Wochenzyklus über präsent. Einen starken Beitrag zu den Peaks liefert jeweils oe24.at (Gelb).


Wie sieht es mit der Tonalität („Sentiment“) der Artikel aus?

Im Themengebiet einer Pandemie erwartet man durchwegs eher negative Berichte. Sehen wir uns das Ganze in Zahlen an und fächern den zeitlichen Verlauf auch nach unterschiedlichen Begriffen auf.

Die Grafik gibt den zeitlichen Verlauf, der Anzahl der Artikel, welche die jeweils angegebenen Begriffe enthalten, aufgesplittet nach Tonalität an. Es fällt die verständlicherweise geringe Anzahl an positiven Artikeln zu diesen Themen auf. Insbesondere die Beiträge zu „Mutationen“ und „Lockdown“ haben überwiegend ein negatives Sentiment. Die beiden anderen Begriffe haben zumindest einen Anteil an neutralen Berichten in fast ähnlicher Höhe wie die negativen News.

Quellen: Bilder vom Autor selbst erstellt.

Fazit

Die Analyse drückt durch konkrete Zahlen das aus, was wir beim täglichen Konsum von Nachrichten empfinden, ein sehr erheblicher Teil beschäftigt sich mit der Pandemie – und das überwiegend mit negativer Tonalität. Wir konnten aber auch einige Unterschiede in den Quellen, Themengebieten und Zeiträumen sehen.