
Die digitale Transformation hat mit künstlicher Intelligenz einen mächtigen Beschleuniger gefunden. Doch während viele Unternehmen noch experimentieren, zeigen Experten wie unser Geschäftsführer Gerhard Kürner und Sabrina Kasper von NetApp bereits konkrete Wege auf, wie KI gewinnbringend eingesetzt werden kann.
In einem aufschlussreichen Interview mit ITWelt.at teilten die beiden Spezialisten ihre Erkenntnisse zur erfolgreichen KI-Implementierung, zur Bedeutung einer soliden Datenbasis und zur notwendigen Mitarbeitereinbindung.
Der Unterschied zwischen Consumer-KI und Unternehmens-KI
Eine der zentralen Erkenntnisse aus dem Gespräch ist die notwendige Trennung zwischen Consumer-KI und Unternehmens-KI. „Wir sind leider getriggert davon, dass jeder gerne einmal schnell ChatGPT oder andere Consumer-Produkte ausprobiert“, erklärt Kürner.
Die sogenannte Shadow IT – die nicht autorisierte Nutzung solcher Anwendungen in Unternehmen – ist im vergangenen Jahr um 40 Prozent gestiegen. Dabei werden häufig Unternehmensdaten in Tools wie ChatGPT eingegeben, was aus DSGVO-Sicht problematisch ist.
Für Unternehmen geht es darum, KI strategisch und kontrolliert einzusetzen. Dies erfordert sowohl technologische als auch organisatorische Maßnahmen:
- Schneller Einstieg mit überschaubaren Technologien
- Organisatorische Begleitung durch Change Management
- Aufbau von Verständnis und Kompetenz im Umgang mit KI
Die Datenbasis als entscheidender Erfolgsfaktor
„Daten sind gerade für den Erfolg von KI-Projekten unglaublich wichtig“, betont Sabrina Kasper. „Jeder kann Modelle nutzen und Vieles abfragen, aber wirklich gewinnbringend ist das nur im Unternehmenskontext, wenn ich die eigenen Daten damit kombinieren kann.“
Laut Studien entfallen rund 80 Prozent des Aufwands bei KI-Projekten auf das Management, die Klassifizierung und die Bewegung von Daten – und nur 20 Prozent auf die eigentliche Modellierung oder das Training. Hauptursache hierfür sind Datensilos und isolierte Infrastrukturen, die oft im Schatten der offiziellen IT entstehen.
Praktische Use Cases für den Mittelstand
Besonders interessant für mittelständische Unternehmen sind die konkreten Anwendungsfälle, die Kürner und Kasper aufzeigen:
- HR-Assistenten: Automatisierte Beantwortung von Mitarbeiteranfragen zu Kollektivverträgen oder internen Richtlinien
- Produktionsunterstützung: KI-gestützte Assistenten für Anlagentechnik und Produktionsprozesse
- Mehrsprachige Vertriebsunterstützung: Automatische Übersetzung und Bereitstellung von Produktinformationen
- Dokumentenverarbeitung: Automatisierte Analyse von Ausschreibungsunterlagen
- Content-Erstellung: Umwandlung von Inhalten für verschiedene Kanäle (z.B. Social Media)
„Die, die früh anfangen, in kleinen Schritten, mit überschaubaren Dingen, kontinuierlich dranbleiben und Know-how aufbauen, das sind die Erfolgreichsten“, fasst Kürner zusammen.
KI-Einführung als Change-Management-Prozess
Ein wesentlicher Aspekt, den beide Experten betonen, ist die Notwendigkeit, die KI-Einführung als Change-Management-Prozess zu verstehen. „Ich muss die KI-Einführung unbedingt auch organisatorisch begleiten, weil wir da über Change Management reden: Menschen müssen anders arbeiten und wenn ich das nicht begleite, dann ist die ganze Technologie sinnlos“, erklärt Kürner.
Viele Mitarbeiter haben Bedenken bezüglich KI – nicht unbedingt wegen möglicher Jobverluste, sondern weil sie unsicher sind, wie sich ihre Rolle und ihr Wert im Unternehmen verändern werden. Daher empfehlen die Experten:
- Stufenweise Einführung mit kleinen Teams beginnen
- Geeignete Use Cases identifizieren, die echten Mehrwert bieten
- Erfolge kommunizieren und Erfahrungen weitergeben
- Zeitlichen Freiraum zum Experimentieren schaffen
Private vs. öffentliche KI-Modelle
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen KI-Modellen. „Bei allem, was ich im Internet mache – mit Produkten, die das ganze Internet durchforsten, Zusammenfassungen machen etc. – da bin ich nicht an die DSGVO gebunden“, erklärt Kürner. „Das ist aber nur ein kleiner Teil. Die meisten Themen in Unternehmen basieren auf Unternehmensdaten und von denen will ich nicht, dass sie nach außen gelangen.“
Für Unternehmen bedeutet dies:
- Sensible Daten müssen in kontrollierten Umgebungen verarbeitet werden
- Berechtigungskonzepte für den KI-Zugriff sind entscheidend
- Vorlagen und standardisierte Prozesse helfen bei der sicheren Nutzung
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
Auf die Frage nach möglichen Jobverlusten durch KI geben die Experten eine differenzierte Antwort. Während in den USA bereits ein Rückgang der Einstiegsgehälter und Jobangebote für Bachelor-Absolventen zu beobachten ist, wird diese Entwicklung in Europa langsamer verlaufen.
„Was wir sehen werden, ist, dass die, die nicht langjährige Erfahrung mit viel Kontextwissen haben, massiv unter Druck kommen“, prognostiziert Kürner. Gleichzeitig betont er: „Erfahrene, gute, teure Leute werden wichtiger sein.“
Fazit: Strategischer Ansatz statt blinder Euphorie
Der Erfolg von KI-Projekten hängt nicht von der bloßen Einführung der Technologie ab, sondern von einem strategischen Ansatz, der Datenmanagement, Mitarbeitereinbindung und klare Use Cases umfasst. Unternehmen sollten:
- Mit überschaubaren Use Cases beginnen, die echten Mehrwert bieten
- Eine solide Datenstrategie entwickeln
- Mitarbeiter schrittweise einbinden und Ängste abbauen
- Zwischen sensiblen Unternehmensdaten und öffentlichen Informationen unterscheiden
- Kontinuierlich Wissen aufbauen und Erfahrungen teilen
Wie Gerhard Kürner treffend zusammenfasst: „Die wichtigste Herausforderung ist eigentlich, dass man den Menschen einmal erklärt, wozu es denn eigentlich gut ist.“ Nur wenn KI als Werkzeug verstanden wird, das Menschen unterstützt statt ersetzt, kann ihr volles Potenzial ausgeschöpft werden.